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Besondere Tage

Isrā und Mirāj – die Nacht- und Himmelsreise

Die 27. Nacht des Rajab erinnert uns an die wundersame Nacht- und Himmelsreise des Propheten Muhammad – Isra und Miraj.

Mit dem Tod des Abu Talibs, dem Onkel des Propheten Muhammed (sas), und kurz darauf dem Tod seiner Ehefrau Khadija, ohne finanzielle und emotionale Unterstützung und nun auch ohne Schutz, blieb Muhammed (sas) in einer schweren Zeit alleine ausgesetzt den Anfeindungen und Angriffen der nichtmuslimischen, mekkanischen Bevölkerung. In die islamischen Geschichtsbücher ging diese Zeit ein als das „Jahr der Trauer“. Kurz darauf, im islamischen Mondmonat Rajab, sollte aber ein besonderes Ereignis den Muslimen und Muhammad (sas) in dieser schweren Zeit wieder Hoffnung geben: Das Wunder der Nachtreise und Muhammads (sas) Himmelsreise (Isrā und Mirāj).

Im Koran wird den Ereignissen jener Nacht in der Sure Al-Isrā (Die Nachtreise) im ersten Vers gedacht:

„Gepriesen sei Der, Der Seinen Diener bei Nacht von der geschützten Gebetsstätte zur fernsten Gebetsstätte führte, deren Umgebung Wir gesegnet haben, um ihm einige von Unseren Zeichen zu zeigen. Wahrlich, Er ist der Hörende, der Sehende.“

Sure 17: Al-Isra (Die Nachtreise), Vers 1

In dieser besagten Nacht des 27. Rajab des Jahres 621 erschien der Engel Gabriel dem Propheten Muhammad (sas) und führte ihn (sas) mit sich zur Kabaa zu einem Reittier namens Al-Buraq, das seinen Huf bei jedem Schritt so weit setzen konnte, wie sein Blick reichte. Nachdem er (sas) auf das Reittier gehoben wurde, begleitete ihn Gabriel auf der nächtlichen Reise (arab. Isrā) von der gesegneten Moschee in Mekka zur Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem (arab. Al-Quds), wobei er ihm die Wunder zwischen Himmel und Erde wies, bis sie nach Jerusalem gelangten, wo er (sas) auf weitere Propheten traf, mit welchen er gemeinsam betete.

Anschließend wurden ihm zwei Gefäße gebracht, von welchen eines gefüllt war mit Milch, das andere mit Wein. Der Prophet nahm das Gefäß mit der Milch und trank davon, woraufhin der Engel Gabriel zu ihm sprach:

„Rechtgeleitet wurdest du für die Schöpfung und rechtgeleitet wurde dein Volk, Muhammad! Der Wein ist euch verboten!“

So wurde ihm gesagt, hätte er den Wein genommen, wäre seine Umma (Gemeinschaft) irre gegangen.

Nach dem Gebet und der ersten Prüfung, wurde der Prophet (sas) an eine Leiter geführt, so schön, wie er noch nie eine gesehen hatte, welche die Leiter war, auf der die Totgeweihten ihren Blick richteten, wenn das Ende nahte. Gabriel ließ ihn hinaufsteigen, bis sie zu einem der Himmelstore gelangten, welches man das Hütertor nannte. Dieses wurde bewacht von einem Engel namens Ismael, dem zwölftausend Engel unterstanden und, dem jeweils wieder zwölftausend Engel unterstanden. Als er durch das Tor geführt wurde, fragte der Engel:

„Wer ist dies, Gabriel?“

„Dies ist Muhammad“, erwiderte Gabriel.

„Ist er gesandt worden?“

„Ja“

Jener flehte darauf um die Güte Gottes für den Propheten (sas) und ließ sie in den untersten Himmel eintreten. Dort sah der Prophet (sas) einen Mann sitzen, an dem die Seelen der verstorbenen Menschen vorüber zogen. Über die einen sprach er Gutes und freute sich. Zu anderen aber sprach er mit finsterem Gesicht und war durch Abscheu erregt. Dies war der Prophet Adam, an dem die Seelen seiner Nachkommen vorbei zogen.

Auf dem weiteren Weg erblickte der Prophet (sas) weiter verschiedene Menschen, die entsprechend ihren Vergehen im Diesseits, im Jenseits zur Rechenschaft gezogen wurden.

Auf Jesus und Johannes trafen sie im zweiten Himmel und im Dritten war ein Mann mit einem Gesicht so schön wie der Vollmond, welcher da Joseph war, der Sohn Jakobs. Im vierten Himmel trafen sie auf Idris und im Fünften auf Aaron, den Sohn des Imran. Weiter im sechsten Himmel begegneten sie Moses und im höchsten Himmel am Tore zum Paradies sitzend Abraham, angelehnt an das Haus Al-Ma’mur und sahen, wie 70.000 Engel jenes betraten, ohne es wieder zu verlassen. 

Und so, immer, wenn Gabriel ihn von einem Himmel zum nächsten brachte, fragte man den Propheten (sas), wer er sei und weiter, ob er gesandt worden sei und sprachen Segenswünsche über ihn (sas), sobald der bejaht hatte. Letztlich betraten sie das Paradies und der Prophet (sas) trat in den siebten Himmel vor Gott, der ihm für jeden Gläubigen 50 Gebete zur Pflicht machte. Als er darauf, auf dem Rückweg, bei Moses vorbeikam, wies dieser ihn darauf hin, dass das Gebet eine schwere Last und das Volk des Propheten schwach sei und bat ihn (sas), zu seinem Herrn zurückzukehren um eine Erleichterung der Last zu erbitten. Der Prophet tat wie ihm geheißen, bis die Gebete auf fünf an der Zahl reduziert waren und er sich schämte, nochmals vor Gott zu treten. Doch sollten jedem, der diese fünf Gebete gläubig und ergeben verrichte, diese wie die ursprünglichen fünfzig Gebete vergolten werden.

Zurück in Mekka berichtete der Prophet (sas) am Morgen den Quraish (Stamm in Mekka), was in jener Nacht geschehen war, was ihm die meisten aber nicht glaubten und einige sogar vom Glauben abfallen ließ. Doch als der Freund des Propheten (sas), Abu Bakr, gefragt wurde, ob er die Geschichte glaube, bejahte dieser auch im Angesicht dieses Wunders. In Gedenken daran erhielt dieser den Beinamen „As-Siddiq – der die Wahrheit bezeugt“. Die Prüfung des Glaubens an den Propheten durch den Bericht über dieses unglaubliche Ereignis wurde auch im Koran berichtet (17:60), wo Gott spricht::

„Und wir haben das Gesicht, das Wir dich sehen ließen, nur zu einer Versuchung für die Menschen gemacht, desgleichen den verfluchten Baum im Koran. Wir wollen ihnen damit Angst machen. Aber es bestärkt sie nur umso mehr in ihrer Widersetzlichkeit.“

Sure 17: Al-Isra (Die Nachtreise), Vers 60

In den Geschehnissen dieser wundersamen Nacht finden die Gläubigen also eine Prüfung und einen Ausdruck für die Macht und Größe Gottes. Besonders in schweren Zeiten ist es vielleicht auch dieser Blick auf die Wunder Gottes, die uns tagtäglich umgeben, der Dankbarkeit und Hoffnung treibt.

Habt ihr sie schon entdeckt, die Wunder, die euch jeden Tag begegnen?

Quellen:

  • Ibn Ishaq, Muhammad: Das Leben des Propheten. Übersetzung von Gernot Rotter