Kategorien
Besondere Tage

Islamische Zeitrechnung und die Hijrah

Wir wünschen euch allen ein gesegnetes neues Hijri-Jahr. Doch wie funktioniert die islamische Zeitrechnung und wie ist ihre Geschichte?

Wer wie romantische Dichter den Mond besingt, dem wird der Neumond in den letzten Tagen nicht entgangen sein. Auch, wenn sich diese Mondphase alle 4 Wochen wiederholt und den Beginn eines neuen Mondmonats markiert, ist einer dieser 12 Neumonde doch ein ganz besonderer: Er kündigt den Beginn des islamischen Mondmonats Muharram und damit eines neuen Mondjahres an. Damit beginnt nach islamischer Zeitrechnung ein neues Jahr, gerechnet in Mondjahren seit der Hijrah (=Auswanderung des Propheten Mohammed (sas = Allahs Segen und Friede seien mit ihm) von Mekka nach Medina).

Wie im gregorianischen Kalender ist das Mondjahr auch in 12 Monate geteilt. Da sich aber die Zeitrechnung an den Mondphasen orientiert, ist das Mondjahr im Schnitt um einige Tage kürzer als das Sonnenjahr, hat somit nur 354 bzw. in Schaltjahren 355 Tage. Das bedeutet konkret, dass alle Monate im Laufe der Jahre durch die Jahreszeiten rotieren und so zum Beispiel auch der islamische Fastenmonat Ramadan mal im Sommer, mal im Winter liegt und die Feiertage damit auch wandern. Mancherorts wird der Beginn des neuen islamischen Jahres als besonderer Gedenktag mit traditionellen Blasinstrumenten verkündet und, weil der neue Tag nicht erst um Mitternacht beginnt, sondern bereits mit dem Sonnenuntergang, kann der islamische Jahresbeginn sogar zwei Tage lang gefeiert werden.

Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat, dem wird aufgefallen sein, dass anders als weltweit üblich n. Chr., die islamische Zeitrechnung mit dem Tage der sogenannten „Hijrah“ beginnt. Doch warum haben Muslime bei der Zeitrechnung ein eigenes und neues System entwickelt?

Tatsächlich diskutierten die damaligen Muslime nach dem Tod des Propheten Mohammed (sas), die bestehende Zeitrechnung n. Chr. zu übernehmen. Da aber darüber hinaus auch der Wunsch bestand, dass sich die Zeitrechnung an einem Ereignis orientiere, dem aus Perspektive der islamischen Geschichte eine größere Bedeutung zukomme, wurde dieser Gedanke verworfen. Unter den neuen Vorschlägen setzte sich dann das Jahr der Auswanderung des Propheten Mohammed (sas) von Mekka nach Medina als das „Jahr 0“ durch.

Um besser zu verstehen, warum die sog. „Hijrah“ eine so große Bedeutung in der islamischen Geschichte einnimmt, hilft es, einen Blick auf die Umstände zu werfen, die den Propheten (sas) und die damaligen Muslime zur Auswanderung trieben: Bis zur Auswanderung aus Mekka verkündete der Prophet (sas) bis dahin schon seit knapp zehn Jahren die Botschaft des Islam in der Stadt. Weil sich das neue Glaubenssystem nicht mit den schon in Mekka herrschenden Bräuchen vereinbaren ließ, sahen sich die neuen Muslime zunehmend in einer Position der sozialen und politischen Ausgrenzung, immer weiter gedrängt an den Rande der Gesellschaft. Mit der am Ort vorliegenden Vegetation war das auch lebensbedrohlich. Darüber hinaus kam es zu Misshandlungen und Übergriffen.

Zur Pilgerzeit (auch vor 1400 Jahren pilgerten Menschen nach Mekka) traf der Prophet (sas) mit Pilgern aus Medina ein geheimes Abkommen, das den auswandernden Muslimen aus Mekka Zuflucht in Medina garantieren sollte. Bald darauf war es soweit und die Ersten machten sich auf den Weg nach Medina und hinterließen dabei ihren gesamten Besitz, teils auch die Familie in Mekka, um in Medina neu anfangen zu können.

Der Prophet (sas) blieb jedoch vorerst zurück, um die Reisebewegungen seiner Anhänger im Blick haben zu können. Zu diesem Zeitpunkt planten die Mekkaner, den Propheten (sas) im Schlaf zu töten und, um Blutrache zu vermeiden, sollten sich an der Tat mehrere mekkanische Stämme beteiligen.

In der Nacht des Attentats aber verließ der Prophet (sas), ohne gesehen zu werden, das Haus und entkam damit seinen Mördern. Wenig später konnte er zusammen mit seinem Freund Abu Bakr Assidiq (ra = möge Allah mit ihm zufrieden sein) feierlich in Medina empfangen werden. In den folgenden Monaten legten der Prophet (sas) und seine Anhänger in Medina das Fundament der sogenannten „Prophetenmoschee“ und begründeten mit dem Glauben eine neue Gesellschaft. 

So gesehen ist das Jahr der Auswanderung der Muslime aus Mekka auch das Jahr des Neuanfangs. Was läge da näher, als auch die Zeitrechnung mit dem für die islamische Geschichte so bedeutsamen Ereignis beginnen zu lassen?

Die MHG wünscht euch allen ein erfolgreiches, neues Hijri-Jahr. Möge Allah es zu einem guten und gesegneten Jahr für die Welt machen.


A propos, wir sind neugierig: Welche Lehren zieht ihr aus der Geschichte? Gerne könnt ihr eure Gedanken mit uns teilen. 

Schickt uns einfach eine Nachricht über Instagram, Facebook oder an info@mhg-wuerzburg.de.